Tierkreis & Co.: Zwischen Mathematik und Esoterik

Der Einfluss von Gestirnen auf die Welt und damit auch den Menschen ist in nahezu allen Kulturen und zu allen Zeiten als gegeben angenommen worden. Diese Form der Zukunftsvorhersage hat sich in nur leicht veränderter Form bis heute erhalten. Das Horoskop, basierend auf dem astrologischen Merkmal des Sternzeichens, ist als Hinweis für die unmittelbare Zukunft noch heute als Rubrik in vielen Zeitungen und Zeitschriften zu finden. Ausführlichere Deutungen der Stern- und Planetenkonstellationen zum Zeitpunkt der Geburt einer Person sollen ebenfalls bei der Orientierung im Leben helfen. Horoskope dieser Art dienen allerdings nur mittelbar der Zukunftsvorhersage. Vielmehr beruhen sie auf der Annahme, dass den Himmelskörpern bestimmte Eigenschaften zuzuordnen seien, die und deren unterschiedliche Stellungen zueinander Einfluss auf Menschen haben. Hier geht es also eher um astrologisch bestimmte Charaktereigenschaften. Die Persönlichkeit eines Menschen – und was für sein Leben daraus folgt – wären demnach von Geburt an vorherbestimmt. Die Berechnung der genauen Anordnung der Gestirne zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen ist dabei hochkomplex. So verschwimmt hier die Grenze zwischen esoterischem (Aber-)Glauben und wissenschaftlichen Grundlagen. Schon seit der Antike praktiziert, wurde die Erstellung von Geburtshoroskopen am Ausgang des Mittelalters als regelrechte Kunst von hochangesehenen Mathematikern betrieben. Die Abwertung dieser Kunst in den Bereich des Unwissenschaftlichen erfolgte erst einige Jahrhunderte später, als mit der Weiterentwicklung der technischen und der Naturwissenschaften der Glaube an den Einfluss der Gestirne auf den Menschen weitgehend verloren ging.

Johannes ab Indagine
Naturalis astrologia compendiosa descriptio

Straßburg: Zetzner, 1630 
Badische Landesbibliothek, KK 547

Die Erstellung von Geburtshoroskopen galt lange als hohe Kunst, denn sie setzt die genaue Berechnung der Stellung bestimmter Gestirne zum Zeitpunkt und am Ort der Geburt einer Person voraus. Aus dieser mathematisch äußerst anspruchsvollen Operation ergaben sich Sternzeichen und Aszendent, denen ein maßgeblicher Einfluss auf den Charakter und damit die Zukunft eines Menschen zugeschrieben wurde. Auch etliche weitere Himmelskonstellationen wurden in die Berechnung mit einbezogen. Sie sollten eine detailliertere Vorhersage ermöglichen. Gute Horoskope erstellen zu können, trug jahrhundertelang wesentlich zum Renommee eines Mathematikers bei.

Gaius Iulius Hyginus 
Poetica astronomica

Venedig: Erhard Ratdolt, 1485
Badische Landesbibliothek, 64 A 93 Ink

Das Geburtssternzeichen mit seiner angenommenen Bedeutung für die Zukunft des Neugeborenen zu berechnen, war bereits in verschiedenen antiken Kulturen Tradition. Verschiedene Texte zur Deutung der Sternzeichen sind aus jener Zeit überliefert. Zwar ist der Verfasser oft unbekannt, sie werden jedoch bekannten Autoren zugeschrieben, etwa dem Griechen Aratos von Soloi (ca. 310–245 v. Chr.) oder dem römischen Gelehrten Hyginus (ca. 60 v. Chr.–4 n. Chr.). Diese Zuschreibung verlieh den Texten bis ins Mittelalter hinein größere Autorität. Sie wurden immer wieder abgeschrieben, übersetzt und häufig reich illustriert.

Proclus Diadochus
De Sphaera

Basel: Heinrich Petri, 1561
Badische Landesbibliothek, 100 B 76976 RH

Seit dem Ausgang des Mittelalters machte auch die Astronomie sprunghafte Fortschritte. Die immer genauer werdende Berechnung der Bewegung der Himmelskörper wurde aber nicht vorrangig für die Erstellung von Horoskopen benutzt. Vor allem verbesserten sich so die Möglichkeiten, Phänomene wie Sonnen- und Mondfinsternisse, Mondphasen oder besonders hell erscheinende Sterne vorherzusagen. Dadurch verloren diese früher oft als beängstigend wahrgenommenen Erscheinungen einen Teil ihres Schreckens. Anteil daran hatte die Wiederentdeckung des Werkes antiker Astronomen und Mathematiker, darunter beispielsweise Proklos Diadochos (412–485 n. Chr.).

 

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