Zeitgeschehen – Politik und Gesellschaft

Das Jahr 1918 ist in vielen Ländern Europas von Krieg und Bürgerkrieg, Umsturz und Revolution, dem Untergang der Monarchie und dem Ende der Vielvölkerreiche gekennzeichnet.

Im Februar 1917 setzte das russische Volk der 304 Jahre währenden Herrschaft der Romanow-Dynastie ein Ende. Das von der Provisorischen Regierung und dem Petrograder Arbeiter- und Soldatenrat regierte Russland wurde – so sah es Lenin – zum freiesten Land der Welt. Der Umsturz der Bolschewiki im Oktober 1917 beendete die Phase der Doppelherrschaft und schuf die Voraussetzung für den Aufbau des ersten sozialistischen Staates. Um ihre Macht zu sichern, sahen sich die Bolschewiki gezwungen, in der russischen Festungsstadt Brest-Litowsk mit dem Deutschen Reich zuerst einen Waffenstillstand und dann einen Friedensvertrag zu schließen. Er brachte dem Land riesige territoriale Verluste, hatte aber nicht lange Bestand. Im November 1918 musste Deutschland selbst einen Waffenstillstand zu den harten Bedingungen des Kriegsgegners unterschreiben.

Die Meuterei der Matrosen der Hochseeflotte in Kiel löste im ganzen Deutschen Reich eine Revolution aus. Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann die Republik aus, am gleichen Tag wurde die Abdankung Kaiser Wilhelms II. verkündet. In Berlin übernahm der Rat der Volksbeauftragten die Regierung. Überall bildeten sich Soldaten- und Arbeiterräte. Mehrheitlich zielten sie nicht auf die Einführung einer Rätedemokratie wie in Russland, sondern sprachen sich für ein parlamentarisches System und die Wahl einer Verfassunggebenden Nationalversammlung aus.

Friedlich und gemäßigt verlief seit dem 8. November 1918 die Bewegung in Baden. Die meisten Mitglieder der Arbeiter- und Soldatenräte begnügten sich mit dem Wechsel der Staats- und Regierungsform, nachdem Großherzog Friedrich II. von Baden am 22. November endgültig auf den Thron verzichtet hatte. Die neue Verfassung wurde am 25. März 1919 von der badischen Nationalversammlung und am 13. April in einer Volksabstimmung von über 90 % der Wähler angenommen.

Darin wurde endlich auch das aktive und passive Wahlrecht für Frauen umgesetzt, das im Verfassungsentwurf der Volksräte enthalten gewesen war und für das sich prominente Frauen eingesetzt hatten. Um die Jahrhundertwende waren es vor allem die SPD sowie die bürgerliche und sozialistische Frauenbewegung, die sich für das Frauenwahlrecht engagiert hatten. Begnügte sich die bürgerliche Frauenbewegung mit einem eingeschränkten Wahlrecht, forderten die radikaleren Frauen um Clara Zetkin das allgemeine Frauenwahlrecht. Die Einführung musste sich gegen viele Vorurteile erst durchsetzen – auch wenn in den folgenden Badischen Landtagen immer wieder einzelne Frauen als Abgeordnete vertreten waren.

Die Russische Revolution war ein Thema, das in den 1918 erschienenen Werken bedeutender Philosophen, Soziologen und Publizisten reflektiert wurde. Ihre Positionen deckten das politische Meinungsspektrum in der Umbruchphase zwischen Kaiserreich und Republik ab.

© Badische Landesbibliothek 2018. Autor: Dr. Ludger Syré

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