Die Zerstörung der Bibliothek 1942

Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges hatte sich der Buchbestand in der Badischen Landesbibliothek trotz der wirtschaftlich schlechten Jahre nach dem Ersten Weltkrieg nahezu verdreifacht. Anders als die Handschriften, Inkunabeln und einzelne weitere Zimelien wurden die Drucke während des Zweiten Weltkrieges jedoch nicht ausgelagert, da die Bibliothek ihren Nutzern weiterhin zur Verfügung stehen sollte. 

Bei einem schweren Luftangriff auf Karlsruhe in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1942 wurde auch das Bibliotheksgebäude bombardiert. Die Bibliothek brannte völlig aus und verlor nahezu ihren gesamten Bestand an Druckschriften, damals 367.000 Bände – darunter 6.000 Bände Drucke des 16. Jahrhunderts, 40 Bände Atlanten des 16. bis 18. Jahrhunderts, 2.000 Landkarten des 16. bis 18. Jahrhunderts, 204 Blatt alter Ansichten, 4.000 Bände historischer Musikalien, dabei auch die vom Badischen Staatstheater abgegebenen Aufführungsmaterialien und Textbücher, sowie etwa 1.000 Bände mit buchgeschichtlich oder künstlerisch wertvollen Einbänden aus großherzoglichem oder klösterlichem Besitz. 

Nur 1.274 Druckschriftenbände wurden nach der Brandnacht als noch vorhanden gezählt. Anhand alter Stempel, Einbände, Exlibris und sonstiger Kriterien konnte aber ermittelt werden, dass sich im heutigen Bestand etwa 3.000 bis 3.200 Titel (ohne Inkunabeln und Landkarten) befinden, die schon vor der Zerstörung zum Bestand gehörten. Etwa 2.700 dieser Titel entfallen auf die Zeit vor 1900, darunter alte Drucke von großenteils beträchtlichem Wert.

Auch sämtliche Verwaltungsakten und Akzessionsjournale wurden am 3. September 1942 vernichtet. Lediglich der Dienstkatalog der Bibliothekare blieb in einem Luftschutzkeller verschont. Mit 300.353 Titelkarten weist dieser Historische Katalog‚ den bis zur Zerstörung vorhandenen Bestand nach; als historische Quelle wird er von Forschern immer wieder angefragt, so dass er 2011 digital verfügbar gemacht wurde.

Im Anschluss an die Zerstörung musste die Badische Landesbibliothek sich in anderen Gebäuden notdürftig einrichten, bis auch diese Häuser von Bomben getroffen wurden. Schließlich wurden die Kellerräume des ehemaligen Sammlungsgebäudes am Friedrichsplatz zum letzten Unterschlupf. Nach Wiederaufnahme eines provisorischen Benutzungsbetriebes im Komplex des Generallandesarchivs konnte die Badische Landesbibliothek Ende 1964 einen Neubau im Nymphengarten beziehen, der 1991 durch den zweiten Neubau in der Erbprinzenstraße abgelöst wurde. 

Mit dem Wiederaufbau des Bibliotheksbestandes hatte man bereits während des Zweiten Weltkrieges begonnen. Dank einer Welle der Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung gab es eine große Zahl von Schenkungen. Auch staatliche und kommunale Institutionen steuerten vieles bei, darunter Dubletten kostbarer Frühdrucke. Ein Forschungsprojekt der Badischen Landesbibliothek hat in den Jahren 2017 2020 erforscht, welches NS-Raubgut dabei in die Badische Landesbibliothek gelangte. 

Den Totalverlust zu beheben, konnte kein Ziel des Wiederaufbaus sein. Der Schwerpunkt der Beschaffung lag dem landesbibliothekarischen Auftrag gemäß auf der regionalen Literatur und auf der für die Nutzung relevanten aktuellen Gebrauchsliteratur. Dank vieler Bücherzuwendungen und Ankäufe ganzer Sammlungen oder Nachlässe in den Nachkriegsjahren war der Bestandsaufbau so erfolgreich, dass die Bibliothek ihren Nutzerinnen und Nutzern beim Einzug in den Neubau 1964 immerhin wieder knapp 330.000 Bände zur Verfügung stellen konnte.

Weiterführende Literatur:

  • Stamm, Gerhard: Markgräflich-badische Büchersammlungen – erhaltene Bestände. In: Buch – Leser – Bibliothek. Karlsruhe 1992, S. 127–159.
  • Syré, Ludger: Untergang im Phosphorfeuer der Fliegerbomben. Die Zerstörung der Badischen Landesbibliothek im Zweiten Weltkrieg. In: Buch und Bibliothek 57 (2005) 9, S. 621–628.
  • Ders.: Die Badische Landesbibliothek im Zweiten Weltkrieg – Untergang und Neuanfang. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 154 (2006) S. 493–515.
  • Vogl, Ulrike: „Wenn die Autopsie nicht ausreicht, sprechen hoffentlich die Akten?! Provenienzforschung in der Badischen Landesbibliothek (BLB)“, Vortrag gehalten auf dem 107. Deutschen Bibliothekartag in Berlin am 14.6.2018. - Zum archivierten Objekt

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