Nachlassbibliotheken

Insbesondere zum Wiederaufbau ihrer 1942 vernichteten Bestände neuerer Literatur aus den Geisteswissenschaften erwarb die Badische Landesbibliothek in den Jahren 1947–1960 verschiedene Nachlassbibliotheken. In vielen Fällen war damit zugleich die Übernahme auch der schriftlichen Nachlässe verbunden. Nachfolgend werden die in der Badischen Landesbibliothek vorhandenen Nachlassbibliotheken nach der Reihenfolge ihres Zugangs beschrieben.

Bibliothek Edwin Carl Roedder

Zu sehen ist ein dunkelblauer Jugendstileinband mit inem Liniendekor und vier Rosetten in den Ecken in hellblauer Farbe. Er umschließt eine Ausgabe von zweitausend Briefen Friedrich Schillers, die Franz von Haymerle im Jahr 1909 in Halle veröffentlicht hat.I S. : Taf.

Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Sign. Roe 1119

Die Nachlassbibliothek des Germanisten Edwin Carl Roedder (1873–1945) umfasst etwa 3.000 Bände, darunter rund 500 vor 1900 erschienene Werke. Die Sammlung kam 1947 in die Badische Landesbibliothek und diente dem Wiederaufbau ihrer Bestände nach der Zerstörung im Kriegsjahr 1942. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf der in einer wissenschaftlichen Arbeitssammlung zu erwartenden Spezialliteratur jener Zeit zu den Fachgebieten Roedders, insbesondere deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft. Daneben enthält sie Werke zu anderen europäischen Literaturen sowie zu Geschichte, Geographie, Pädagogik und Kunst.

Edwin Carl Roedder wurde in Niederwasser bei Triberg im Schwarzwald geboren und wuchs in Oberschefflenz im Neckar-Odenwald-Kreis auf. Er besuchte die Gymnasien in Tauberbischofsheim und Bruchsal und begann ein Studium in Heidelberg, bevor er 1892 an die Universität von Ann Arbor in Michigan (USA) ging. Er wurde Dozent, später Professor an der Universität von Wisconsin in Madison und folgte 1929 einem Ruf nach New York. Als Leiter der Abteilung Deutsch war ihm seine Rolle als Vermittler deutschen Kulturgutes in den Vereinigten Staaten äußerst wichtig.

Ohne seine Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal wiedergesehen zu haben, starb Edwin Carl Roedder 1945 in Madison. Seine Bibliothek hatte er der Badischen Landesbibliothek vermacht, die er während vieler Forschungsaufenthalte in Deutschland als Nutzer konsultiert hatte. Sie wurde 1947 nach Karlsruhe gebracht und geschlossen aufgestellt. Die Bände dieser Sammlung tragen eine besondere Signatur, an der sie erkennbar sind. Diese Signatur beginnt jeweils mit den Buchstaben Roe. Die Nachlassbibliothek ist über den Katalog plus erschlossen.

 

Bibliothek Alfred Mombert

Zu sehen ist das Titelblatt des zweiten Teils des vierten Bandes der Historia critica philosophiae von Johann Jakob Brucker. Der Band stammt aus der Bibliothek von Alfred Mombert.

Titelillustration aus Historia critica philosophiae, 1744
Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Sign. Mo 33,4

Die Büchersammlung des in Karlsruhe gebürtigen Dichters Alfred Mombert (1872–1942) gelangte 1950 in die Badische Landesbibliothek. Sie umfasst rund 4.600 Bände, von denen knapp die Hälfte vor 1900 entstanden ist. Mit sieben Drucken aus dem 16. Jahrhundert, 15 aus dem 17. Jahrhundert und 98 aus dem 18. Jahrhundert stellte diese wertvolle Sammlung zum Zeitpunkt ihrer Erwerbung ein wichtiges Element beim Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bestände der Badischen Landesbibliothek dar.

Der thematische Schwerpunkt der Bibliothek Momberts liegt auf der europäischen Literatur und Literaturgeschichte einschließlich klassischer Philologie, Theologie, Geschichte und Geographie. Dementsprechend finden sich in der Sammlung auch zahlreiche fremdsprachige Werke. Daneben enthält sie naturwissenschaftlich-mathematische Titel und ältere Reiseführer.

Alfred Mombert studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Leipzig und Berlin. Zwischen 1899 und 1906 war er als Rechtsanwalt in Heidelberg tätig, gab dann jedoch seinen Beruf auf, um sich ausschließlich der schriftstellerischen Tätigkeit sowie den Studien zur Geographie, Ethnologie, Orientalistik, Philosophie und Religionswissenschaft zu widmen. Er unternahm weite Reisen, lebte zwischen 1909 und 1911 in München und Berlin, kehrte dann jedoch nach Heidelberg zurück. 1928 wurde er in die Preußische Akademie der Künste aufgenommen, doch schloss man ihn 1933 aufgrund seiner Zugehörigkeit zur jüdischen Konfession wieder aus. Ein Jahr später wurde die Verbreitung seiner Bücher verboten. Mombert blieb jedoch in Deutschland. Im Oktober 1940 wurde er in das Konzentrationslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Im Oktober 1941 konnte er schließlich schwerkrank in die Schweiz ausreisen. Dort starb er wenige Monate später.

Momberts Bibliothek wurde 1940 zunächst beschlagnahmt, konnte aber auf Betreiben des Schriftstellers Richard Benz in das Kurpfälzische Museum in Heidelberg gebracht werden. Von dort gelangte sie in die Heidelberger Universitätsbibliothek, wo sie unausgepackt liegen blieb. 1949 wurde sie an die Erben Momberts restituiert und von diesen an die BLB abgegeben.

Die Nachlassbibliothek ist geschlossen aufgestellt. Die Bände dieser Sammlung tragen eine besondere Signatur, an der sie erkennbar sind. Diese Signatur beginnt jeweils mit den Buchstaben Mo. Die Bibliothek ist über den Katalog plus erschlossen.

Weiterführende Literatur

 

Bibliothek Reinhold Schneider

Das Exlibris von Reinhold Schneider-ist ein einfaches querrechteckiges Blatt mit einer Rahmenlinie, darin steht: "Bibliothek Reinhold Schneider".

Exlibris der Reinhold Schneider-Bibliothek in der Badischen Landesbibliothek

Die umfangreiche Nachlassbibliothek des Schriftstellers Reinhold Schneider (1903–1958) wurde 1960 gemeinsam mit dessen schriftlichem Nachlass von der Badischen Landesbibliothek erworben. Sie umfasst insgesamt ca. 9.200 Werke, darunter 535 Titel, die vor 1900, und 36 Titel, die vor 1800 erschienen sind. Unter letzteren befinden sich auch eine Inkunabel und zwei Drucke des 16. Jahrhunderts.

Der inhaltliche Schwerpunkt der Bibliothek liegt den Interessen des Dichters entsprechend auf theologischen und historiographischen Werken sowie der italienischen, französischen und deutschen Literatur. Daher sind auch zahlreiche fremdsprachige Bücher in der Sammlung enthalten. In vielen Bänden finden sich Widmungen oder Marginalien von der Hand Schneiders.

Die Nachlassbibliothek ist geschlossen aufgestellt. Die Bände dieser Sammlung tragen eine besondere Signatur, an der sie erkennbar sind. Diese Signatur beginnt jeweils mit den Buchstaben RS. Die Nachlassbibliothek ist über den Katalog plus erschlossen. Daneben existieren ein alphabetischer und ein systematischer Zettelkatalog.

Weiterführende Literatur

  • Schmitt, Franz Anselm (Hrsg.): Bedeutende Nachlässe aus fünf Jahrhunderten in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. In: Tradition und Erneuerung. Erinnerungsgabe für Friedrich Hengst zum 80. Geburtstag, hrsg. von Erwin Stein. Frankfurt a. M. 1972, S.53–68.
  • Stadie, Babette: Reinhold Schneiders Privatbibliothek. Ankauf durch die Badische Landesbibliothek. In: Wege zu Reinhold Schneider. Zum 50. Todestag des Dichters, hrsg. von Ralf Schuster. Passau 2008, S. 175–211.
 

Bibliothek Leopold Ziegler

Zu sehen ist eine Widmung Leopold Zieglers an sich selbst in einem Band aus seiner Bibliothek. Er hat aufgeschrieben: "Mir selbst geschenkt zu Weihnacht 1940."

Widmung Leopold Zieglers (1881–1958) an sich selbst, 1940
Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Sign. LZ 963,2

Die Bibliothek des Philosophen Leopold Ziegler (1881–1958) wurde 1972 für die Badische Landesbibliothek erworben. Unter den etwa 2.150 Bänden finden sich 168 ältere Drucke des 17. und 18. Jahrhunderts. Der überwiegend deutschsprachige Bestand enthält größtenteils Schriften zu Philosophie, Geschichte und Geographie, aber auch zu Theologie, Literatur, Kunst und Malerei sowie Volkskunde und zu badischen Themen.

Leopold Ziegler studierte in seiner Heimatstadt Karlsruhe und in Heidelberg Philosophie. Nach der Promotion im Jahr 1905 lebte er zunächst als Privatgelehrter in Karlsruhe, 1925 siedelte er nach Überlingen am Bodensee um. Zu seinen Werken gehören u.a. Das Wesen der Kultur (1903) und Menschwerdung (1948). Ziegler wurde 1929 mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet und war korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.

Die Nachlassbibliothek ist geschlossen aufgestellt. Die Bände der Sammlung tragen eine besondere Signatur, an der sie erkennbar sind. Diese Signatur beginnt jeweils mit den Buchstaben LZ. Die Nachlassbibliothek ist über den Katalog plus erschlossen.

Weiterführende Literatur

 

Bibliothek Laßberg

Gezeigt wird ein Ausschnitt einer Seite mit dem Wappenexlibris von Joseph Freiherr von Laßberg. Oben ein goldenes Malteserkreuz auf schwarzem Grund, unten ein rotweißes Wappentuch mit Rankenornament.

Gemaltes Wappenexlibris von Joseph von Laßberg (1770–1855)
Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Sign. 100 B 76683 RH

Die Druckwerke der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen wurden in den Jahren 1999/2000 in verschiedenen Auktionshäusern versteigert oder anderweitig auf dem Antiquariatsmarkt angeboten. Die Donaueschinger Bibliothek beherbergte seit 1855 auch die umfangreiche Büchersammlung des Gelehrten Joseph Maria Christoph Freiherrn von Laßberg (1770–1855). Wichtige Teile dieser Bibliothek konnten für die Badische Landesbibliothek erworben und so für die Öffentlichkeit bewahrt werden. Sie ergänzen den vorhandenen Bestand mit einem Teil des Laßberg’schen Nachlasses, seinen Handschriften im Bestand Donaueschingen und einigen seiner Inkunabeln.

Joseph von Laßberg begann schon als junger Mann mit dem Sammeln von Büchern. Seine enge Beziehung zu Fürstin Elisabeth zu Fürstenberg (1767–1822), die zeitweise seine Lebensgefährtin war, und deren Mäzenatentum versetzten ihn in die Lage, seine Bibliothek erheblich auszubauen. Das Schlossgut Eppishausen, das Laßberg 1812 kaufte, bot ihm zudem den nötigen Raum. 1837 erwarb Laßberg die alte Meersburg von der badischen Domänenverwaltung, beim Umzug dorthin wurden an die 150 Bücherkisten transportiert. Die Bibliotheksräume in der Meersburg mit ihrem einzigartigen Blick auf den Bodensee wurden von Besuchern ebenso gerühmt wie ihr hervorragender Bestand.

Nach dem Tod Laßbergs 1855 wurde die Sammlung in die Fürstlich Fürstenbergische Residenz in Donaueschingen überführt. Der Bibliothekskatalog ging dabei in Teilen verloren und ist heute nur noch fragmentarisch erhalten, da Karl August Barack (1827–1900) ihn für den Katalog der Donaueschinger Hofbibliothek weiterverwendete.

Die aus Laßbergs Bibliothek erworbenen Bände sind geschlossen aufgestellt und über den Katalog plus erschlossen. Gelegentlich werden die Käufe aus den Jahren 1999–2000 noch um Nachkäufe auf dem Antiquariatsmarkt ergänzt.

Weiterführende Literatur

 

Nicht unterstützter Web-Browser!

Ihr verwendeter Web-Browser ist veraltet und kann daher einige der modernen Funktionen der Webseite www.blb-karlsruhe.de nicht unterstützen.
Um diese Webseite nutzen zu können und sich sicher im Internet zu bewegen, verwenden Sie bitte einen der folgenden Web-Browser:

Mozilla inc., Firefox
Google inc., Chrome
Google inc., Chromium