Eine kleine Geschichte des Regelbruchs

Illustration einer stufenförmigen Macht-Hierarchie: Links beginnt die Treppe mit einem Bauern und steigt bis zum Papst auf der höchsten Stufe. Rechts nach dem Papst beginnt die Hierarchie zu fallen, beginnend mit dem König bis zum Soldaten. Abseits der Treppe stehen Narr und Kind auf gleicher Höhe. In der Mitte der Szene befindet sich ein Skelett als Symbol für den Tod.

Gerhard Altenbach: Ständetreppe, um 1650, Nürnberg, GNM, HB24 590.

„O wär ich doch ein Narr! Mein Ehrgeiz geht auf eine bunte Jacke.“  - William Shakespeare

Der Narr – eine schillernde Figur. Bis heute ist er präsent in Redewendungen und vor allem in den Fastnachtsbräuchen. Seine Geschichte reicht weit zurück ins Mittelalter: Seit dem 12. Jahrhundert gewann er stetig an Popularität, die im 15. und 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Die Narrenidee erscheint in der bildenden Kunst, in Theater und Literatur, insbesondere in der Moralsatire des Spätmittelalters an der Grenze zur frühen Neuzeit. Andererseits gehörten die Hofnarren als Unterhalter und Spaßmacher zur Lebensrealität der weltlichen wie auch geistlichen Fürstenhöfe.

Entscheidend ist die Rolle des Narren als Grenzgänger, der außerhalb der Normalität steht und alle Regeln der (christlichen) Gesellschaft bricht. In der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hierarchie findet er seinen Platz außer- und unterhalb der Ständetreppe, an deren Spitze Papst und Kaiser stehen, Gaukler und fahrendes Volk am unteren Ende. Einerseits brandmarkt ihn sein Außenseitertum, andererseits jedoch erhält er dadurch mehr Freiheiten als jeder andere – eben Narrenfreiheit. Diese jedoch hat ihren Preis…