Geheimnissen alter Bücher auf der Spur – technische Hilfsmittel für die Forschung

Frédérique Renno 17.02.2023 18 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/51ad-jg66

Alte Bücher haben ihren ganz eigenen Charme. Viele sind abgenutzt, haben leichte Schäden und deutliche Gebrauchsspuren, manche sind nur noch in Teilen erhalten, einige riechen ein wenig seltsam, manchmal sind sie auch vollständig verloren gegangen und nur indirekt etwa über Zitate oder Verweise in anderen Büchern überliefert. Aber eines verbindet sie: Sie erzählen Geschichte(n).

Historische Bücher entstanden vor vielen Jahren und haben oft Jahrhunderte überdauert. Handschriften, Drucke, alte Karten, Musikalien und weitere historische Schriftzeugnisse erzählen uns heute Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. Das tun sie mittels Tinte und Druckfarbe auf Pergament oder Papier, die mit der Hand geschrieben oder mit einer Druckerpresse gedruckt wurde. In der Badischen Landesbibliothek werden zahlreiche Schätze dieser Art verwahrt; mit der Nibelungenlied-Handschrift C ist sogar ein UNESCO-Weltdokumentenerbe dabei.

Wenn wir uns heute ein Werk ansehen, finden wir normalerweise vorne eine Seite mit Angaben zum Titel des Werkes, zum Verfasser oder zur Autorin, zum Verlag und zum Erscheinungsjahr. In früheren Zeiten fehlen diese Hinweise oft. Besonders in Handschriften sucht man Informationen über ihre Entstehung meist vergeblich: Wer hat sie geschrieben, wo und wann sind sie entstanden, und worum geht es eigentlich inhaltlich?

Um diese Fragen zu beantworten, hilft zunächst einmal ein Blick in den Text. Schon die Sprache, Latein oder eine Volksprache wie Französisch, Italienisch oder Deutsch, liefert ein erstes Indiz. Wenn man durch Lesen herausfindet, um was es geht, kann man einordnen, ob es sich um einen weltlichen oder geistlichen Inhalt handelt, und vielleicht sogar, welcher Text genau hier überliefert wird. Für die Forschung ist aber auch wichtig zu wissen, wo und wann ein altes Buch entstanden ist. Wenn weder eine Jahreszahl noch ein Ort noch andere Indizien auf den Entstehungskontext hinweisen, können detaillierte Untersuchungen des Papiers, der Tinte, korrigierter Textstellen und – falls vorhanden – der Illustrationen weiterhelfen, die Geheimnisse zu enthüllen. Diese Analysen finden teilweise mithilfe technischer Hilfsmittel statt, von denen im Folgenden drei vorgestellt werden.

Zu sehen ist das Wasserzeichen Krone auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie.

Wasserzeichen Krone auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie

Durchlichtfolie (Elektrolumineszenzfolie)

Aus Papier lassen sich Hinweise zur Entstehungsregion und zur Datierung einer Handschrift ableiten. Denn schon im Mittelalter kennzeichneten Papiermühlen ihre Ware mit Wasserzeichen. Das sind Bildmarken, die erkennbar sind, wenn das Papier gegen das Licht gehalten wird. Hergestellt wurden Wasserzeichen, indem auf das Drahtgeflecht des Papierschöpfsiebes ein dickerer Draht in Form eines Zeichens oder eines Buchstabens befestigt wurde. Dieser hinterlässt im geschöpften Papier einen Abdruck, die Papierfasern sind dort dünner und das Wasserzeichen wird als transparentes Bild sichtbar, wenn Licht hindurchscheint.

Zu sehen ist das Wasserzeichen Wappen auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie.

Wasserzeichen Wappen auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie

Mithilfe der Durchlichtfolie lassen sich Wasserzeichen auf schonende Weise sichtbar machen. Schonend deshalb, weil die Folie direkt unter das zu untersuchende Papierblatt geschoben wird, ohne die Handschrift zu sehr zu strapazieren. Wie durch Zauberhand wird in der obigen Abbildung ein Teil einer Krone sichtbar, ein Wasserzeichen, das es schon im Mittelalter gab. Dagegen ist das folgende Wasserzeichen eines Wappens viel jünger: Wappen dieser Art findet man als Wasserzeichen erst in der Neuzeit.

Bereits im 19. Jahrhundert begann der französische Papierforscher Charles-Moïse Briquet (1839–1918) mit der Untersuchung von Wasserzeichen. Er sammelte, klassifizierte und veröffentlichte zahlreiche datierte Wasserzeichen, um so ihre Bedeutung für die Datierung von Papier zu veranschaulichen. Fast zeitgleich begann der Stuttgarter Archivar Gerhard Piccard mit einem ähnlichen Projekt. Heute gibt es dafür das Wasserzeichen-Informationssystem, eine digitale Wasserzeichensammlung, die ihren Ursprung in der Wasserzeichenkartei Gerhard Piccards (1909–1989) hat.

Zu sehen ist das Wasserzeichen Krone auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie und daneben mögliche Vorlagen aus der Gerhard Piccards Wasserzeichenkartei.

Wasserzeichen Krone auf einem Papierblatt mithilfe der Durchlichtfolie und mögliche Vorlagen aus Gerhard Piccards Wasserzeichenkartei

Quarzlampe

Die Quarzlampe erzeugt UV-Licht, auch Schwarzlicht genannt. Sie ermöglicht damit das Entziffern von verblasstem Text, der mit bloßem Auge nicht mehr lesbar ist. Alte Drucke und Handschriften hatten oft wechselnde Besitzer, die ihren Namen meist vorne in das Buch als Besitznachweis eingetragen haben. Frühere Besitzeinträge sind dabei gerne unkenntlich gemacht worden, meist, indem sie ausgekratzt und überschrieben worden sind. So manche spannende Provenienz, also Herkunft, und Besitzgeschichte eines Buches konnte auf diese Weise enthüllt werden.

Zu sehen ist ein unleserlicher Besitzeintrag in einem alten Buch und derselbe nun lesbare Eintrag unter der Quarzlampe.

Unleserlicher Besitzeintrag in einem alten Buch und derselbe nun sichtbare Eintrag unter der Quarzlampe

Aber auch verblasste Textstellen lassen sich so sichtbar machen und ermöglichen dadurch das Ergänzen unvollständiger Texte oder das Nachverfolgen von Lesespuren. Das können eigene Gedanken zum Gelesenen sein, Kommentare, Vergleiche oder anderes.

Zu sehen ist eine stark verblasste Textpassage in einem alten Buch und dieselbe nun lesbare Passage unter der Quarzlampe.

Stark verblasste Textpassage in einem alten Buch und dieselbe nun sichtbare Passage unter der Quarzlampe

Zu sehen ist das Digitalmikroskop, das bei einem alten gedruckten Buch eingesetzt wird und auf dem Laptop im Hintergrund einen stark vergrößerten Ausschnitt zeigt.

Einsatz des Digitalmikroskops bei einem alten gedruckten Buch mit stark vergrößertem Textausschnitt auf dem Laptop

Digitalmikroskop

Auf den ersten Blick sieht das Digitalmikroskop unscheinbar aus: Ein etwa zehn Zentimeter langer und zwei Zentimeter breiter Zylinder, das eigentliche Mikroskop, ist mit einem Laptop verbunden. Aber dann zeigt sich auf dem Laptop eine Großaufnahme eines Details: Die Farbe, mit der der Text auf das Papier gedruckt wurde, ist ausgebrochen, das heißt, sie deckt nicht mehr und hat eine deutliche Fehlstelle.

Zu sehen ist das Digitalmikroskop und der Laptop mit der dazugehörigen Software.

Digitalmikroskop und Laptop mit dazugehöriger Software

Diese Fehlstelle lässt sich zwar auch mit bloßem Auge erkennen, aber klarer und anschaulicher wird es unter dem Mikroskop. Neben verblasster Druckfarbe oder Tinte werden auch Papier- und Pergamentstrukturen sichtbar; auch Farbpigmente beispielsweise bei illustrierten Initialen oder Abbildungen lassen sich nachweisen.

Das Mikroskop ermöglicht auch verschiedene Lichteinstellungen. So werden mittels Streiflicht Farbreste oder auch Goldpartikel bei Illustrationen sichtbar, die ohne diese detaillierten Untersuchungen vielleicht nicht aufgefallen wären. Für die Forschung kann ein solches Ergebnis Hinweise auf den Illustrator und seine Werkstatt ermöglichen – wieder ein Puzzleteil, das den Entstehungskontext eines Werkes erhellt und Geheimnisse aufdeckt. Für den Restaurator oder den Kunsthistoriker werden so detaillierte Analysen von Maltechnik und verwendeter Farbe möglich. Auch die Struktur des Papiers oder Pergaments wird sichtbar und kann zur Erforschung von Herstellungstechniken, aber auch zur genaueren Beurteilung von Schäden am Material dienen.

Die zum Mikroskop gehörige Software überträgt nicht nur das Bild, sondern kann auch fotografieren und kurze Filmaufnahmen machen. Damit können die Untersuchungsergebnisse dokumentiert und weiter analysiert werden.

Zu sehen ist das Digitalmikroskop, das von einer Nutzerin bei einem alten gedruckten Buch eingesetzt wird.

Eine Nutzerin setzt das Digitalmikroskop bei einem alten gedruckten Buch ein

Das Digitalmikroskop erhielt die Badische Landesbibliothek im Sommer 2022 anlässlich der Wigalois-Tagung dankenswerterweise als Geschenk der Badischen Bibliotheksgesellschaft. Es konnte bei der Tagung bereits zum Einsatz kommen. Alle drei Hilfsmittel finden Sie im Lesesaal Sammlungen zur Unterstützung Ihrer Forschung – fragen Sie dort gerne nach.

Alter Druck
Handschrift
Elektrolumineszenz
Wasserzeichen
Quarzlampe
Mikroskop
Badische Landesbibliothek

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