Was macht eigentlich ein Systembibliothekar?

Ralf Weber 14.04.2023 15 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/94nt-s228

Ralf Weber ist Systembibliothekar in der Badischen Landesbibliothek. Was genau seinen Beruf ausmacht, erfahren Sie im folgenden Interview.

Wie bist Du in diesem Job gelandet?

Für mein Berufsziel, in der Bibliothek zu arbeiten, habe ich ganz regulär Informations- und Bibliothekswesen an der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen (HBI) Stuttgart, der heutigen Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart, studiert, das ist schon etwas länger her – in den 1990er Jahren –, und damals gab es noch keine Systembibliothekare. Schon vor meinem Studium hatte ich begonnen, mich für Computer und Programmieren zu interessieren und habe dann parallel zu meinem Studium nebenbei verschiedene Jobs gehabt und programmiert, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Das war so die Zeit, in der das Internet geboomt hat, mit Programmierkenntnissen gab es zahlreiche, gut bezahlte Jobs.

Ralf Weber, Systembibliothekar an der Badischen Landesbibliothek

Nach dem Studium bin ich erstmal im IT-Bereich geblieben und habe in verschiedenen Agenturen gearbeitet und nur programmiert. Mein Wunsch war es jedoch immer wieder, in die Bibliothek zurückzukehren. Durch den digitalen Wandel kam es auch in Bibliotheken verstärkt zum Bedarf von IT-Fachpersonal, das Berufsbild Systembibliothekar bzw. Systembibliothekarin wurde somit erschaffen. Diese Chance habe ich ergriffen und bin nun nach mehreren Stationen in anderen Einrichtungen seit 2015 in der Badischen Landesbibliothek als Systembibliothekar angestellt.

Screenshot des Katalog plus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. – zum Katalog plus

Was macht Dir an diesem Job in der Kultur besonders Spaß? Was sind die Herausforderungen?

Was mir besonders gefällt, ist, dass es eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit ist. Ich beschäftige mich mit verschiedensten Programmiersprachen und Techniken, es ist ein breites Spektrum an Aufgaben und es gibt viele Möglichkeiten, neue Dinge auszuprobieren. Ein großes Arbeitsfeld stellt die Administration, Pflege und Anpassung unseres integrierten Bibliothekssystems dar, also der Software, mit der wir in der Badischen Landesbibliothek unsere Medien verwalten. Dazu gehören dann auch Datenimporte und -exporte. Gerade bei digitalen Medien werden zum Beispiel die Metadaten von den meisten unserer Medien automatisiert in unseren Bibliothekskatalog eingespielt; hier wird im Anschluss geprüft, ob es Fehler und Probleme gab, die dann behoben werden.

 

Visualisierung der Neuerwerbungen vom 11.03.2023 bis 11.04.2023 in den einzelnen Fächern

Screenshot zu einem Ausschnitt des virtuellen Abiturapparats, der die zur Verfügung stehenden Titel anzeigt. – zum Abiturapparat

Ein weiterer Bereich sind Statistiken und Listen: Dafür unterstütze ich mit verschiedenen Datenbankabfragen und bereite zum Beispiel die Nutzungsstatistiken zu verschiedenen Ressourcen auf. So können wir erkennen, welche Medien gut und welche weniger gut genutzt werden. Ein anderes Beispiel sind die Listen zum Abiturapparat: Diese bereite ich so auf, dass Abiturientinnen und Abiturienten schnell und einfach auf die Medien, die sie zur Abiturvorbereitung benötigen, zugreifen können, ohne erst groß im Katalog suchen zu müssen.

Ralf Weber vor dem physischen Abiturapparat, der ausgewählte Literatur zu den aktuellen Prüfungsthemen der allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg umfasst.

Blick auf die Trefferliste im virtuellen Abiturapparat für das Fach Deutsch

Des Weiteren gibt es viele automatisierte Jobs, die in der Regel über Nacht laufen und Listen erstellen oder Log-Dateien auf Auffälligkeiten hin untersuchen. Beispiele dafür wären eine E-Mail, die automatisch als Erinnerung an jede Person geschickt wird, deren Bibliotheksausweis in 14 bzw. 28 Tagen abläuft, oder auch die automatisierte Prüfung der Zugriffsrechte auf unsere lizenzierten E-Medien, also das Abgleichen, wer auf unsere elektronischen Medien zugreifen darf.

Herausforderungen bestehen vor allem darin, sich in Bibliotheksnutzerinnen und -nutzer sowie Kolleginnen und Kollegen als nicht technikaffine Menschen hineinzuversetzen, Verständnis für deren Wünsche und Probleme zu haben und sich auf einer Ebene zu begegnen. Wichtig ist auch von meiner Seite aus die Dinge so zu kommunizieren bzw. zu erklären, dass alle sie verstehen.

Was war bisher Dein persönliches Highlightprojekt?

Die durch Corona bedingten Schließzeiten der Bibliothek hatten einige große Umstellungen an der Präsentation der Medien im Katalog und deren Verfügbarkeit zur Folge. Gerade in den ersten Wochen haben wir alle Medien bestellbar gemacht, damit die Nutzerinnen und Nutzer nicht im ganzen Gebäude umhergehen mussten, um ihre Medien zu erhalten, sondern ihre Bestellungen ohne großen Kontakt rasch im Foyer abholen konnten. Dies umzusetzen und alle damit zusammenhängenden Abläufe zu berücksichtigen war sehr aufwändig, daher war es sehr zufriedenstellend, dass dann alles so gut geklappt hat.

Überblick über das Angebot verschiedener Datenbanken, geordnet nach Fachgebieten. – zum Datenbank-Infosystem

Was wissen die meisten Menschen nicht über Deinen Beruf?

Die meisten Menschen wissen erst einmal überhaupt nicht, dass es diesen Beruf gibt, obwohl mittlerweile sogar eigene Studiengänge dafür angeboten werden: Diese heißen dann meist auf Englisch Data Librarian. Außerdem ist immer noch die Vorstellung vorherrschend, dass Bibliothekarinnen und Bibliothekare „was mit Büchern machen“, und viele haben das Bild von alten dicken Büchern, die aus staubigen Magazinen herausgesucht werden, im Kopf. Dabei ist die Arbeit in einer Bibliothek mittlerweile viel moderner und digitaler, als man glaubt. Insbesondere wissenschaftliche Bibliotheken wie die Badische Landesbibliothek sind heute international eng vernetzt. Des Weiteren gibt es neben den gedruckten Büchern längst elektronische Bücher, Zeitungen und Zeitschriften und zahlreiche Datenbanken für die Literaturrecherche und Forschungszwecke.

Was war bisher Dein skurrilstes, lustigstes oder erinnerungswürdigstes Erlebnis auf der Arbeit?

Das sind fast immer Situationen, die man mit Nutzerinnen und Nutzern erlebt. Da ich hin und wieder Auskunftsdienste übernehme, komme ich auch in diesen Genuss und hier ist wirklich alles dabei: Seien es Eltern, die ihren Kinderwagen kurz parken wollen, Einkäufe, auf die man aufpassen soll, Angebote von Büchern für die Bibliothek… Aber auch wirklich skurrile Fragen kommen auf, wie zum Beispiel die Frage, was eine Signatur ist, warum ein Buch wieder zurückgegeben werden muss, oder warum die Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter die Passwörter der Nutzer und Nutzerinnen nicht kennen.
Ein echter Klassiker ist immer wieder die folgende Anfrage: „Ich hatte mal ein Buch ausgeliehen, das ich gern nochmal ausleihen würde, ich weiß jetzt den Titel nicht mehr, aber es war rot…“ Bibliotheken speichern keine Ausleihhistorien einzelner Nutzerinnen und Nutzer, das ist auch nicht erlaubt. Trotzdem wird dies immer wieder angezweifelt.


Dieser Blogbeitrag ist ein Crossposting. Sie können diesen Text auch auf dem Blog von Kultur in Karlsruhe einsehen.

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