10 Jahre Lesebühne in der Badischen Landesbibliothek

Stefan Unser 25.4.2023 17.10 Uhr

DOI: https://doi.org/10.58019/t5ev-t355

Poetry Slam in seiner ursprünglichen Form ist Subkultur. Entsprechend sind es auch die Orte, an denen sich das erfolgreichste Literaturformat der Gegenwart ab Mitte der 2000er Jahre in Karlsruhe etabliert hat. Der Gotec Slam im Gotec Club in Mühlburg wurde von 2003 bis zu seinem Ende im Jahr 2018 über hundert Mal veranstaltet. Der KOHI Slam in den Räumen des KOHI Kulturraum e.V. in der Karlsruher Südstadt findet seit Juni 2007 an jedem letzten Freitag im Monat statt.

Das Foto zeigt den Gastgeber der Lesebühne Stefan Unser mit Vorfreude auf die Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022.

Der Gastgeber der Lesebühne Stefan Unser voller Vorfreude auf die Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022

Auf die Bühne darf jeder und jede, der und die sich rechtzeitig anmeldet. Neben den drei Regeln beim Poetry Slam (klare Zeitbegrenzung, keine Requisiten, nur selbst verfasste Texte) gibt es keine Vorauswahl und keine inhaltlichen oder formalen Vorgaben für die Beiträge. Was beim Poetry Slam auf der Bühne geschieht, ist vom Zeitgeist geprägt, mitunter auch kurios und unterhaltsam. Viele Abende sind für Publikum und Veranstalter gleichsam überraschend. Die Sitzplätze sind begrenzt. Die Atmosphäre ist geprägt von der Nähe zum Publikum, das darüber bestimmt, wer diesen postmodernen literarischen Wettbewerb gewinnt.

Im Jahr 2012 gab es im Rahmen der Karlsruher Museumsnacht (KAMUNA) und der Baden-Württembergischen Literaturtage in Karlsruhe erstmals Slam-Veranstaltungen außerhalb der szeneüblichen Umgebung: Zwei Slam-Veranstaltungen fanden in der Badischen Landesbibliothek und der Stadtbibliothek im Ständehaus statt, der KOHI Slam füllte als Eröffnungsveranstaltung der Literaturtage im September 2012 erstmals das TOLLHAUS, und ein „Dead and Alive Poetry Slam“, bei dem tote gegen lebende Dichter und Dichterinnen antraten, wurde im Studio des Badischen Staatstheaters aufgeführt. Ein Schauspieler des Badischen Staatstheaters, der als Johann Wolfgang von Goethe verkleidet eine Stunde vor geplantem Veranstaltungsbeginn im Backstage-Bereich mehrfach daran zweifelte, ob dieses neue Veranstaltungsformat genug Publikumsinteresse finden würde, war sprachlos, als der erste „Dead and Alive Poetry Slam“ erst mit 25 Minuten Verspätung beginnen konnte – der Publikumsandrang war zu hoch! Gut die Hälfte der Besucherinnen und Besucher mussten wegen Überfüllung abgewiesen werden. Auch in der Badischen Landesbibliothek war das Interesse nicht gerade gering, wie folgendes Foto beweist…

Das Foto zeigt den vollbesetzten Vortragssaal in der Badischen Landesbibliothek zur Eröffnung der Literaturtage 2013.

Der vollbesetzte Vortragssaal in der Badischen Landesbibliothek zur Eröffnung der Literaturtage 2013

Beflügelt von der positiven Resonanz entstand die Idee, in Karlsruhe eine Lesebühne mit geladenen Poetinnen und Poeten der deutschsprachigen Slam-Szene zu etablieren. Ein Abend ohne Wettbewerb, aber mit dem, was dieses Format so unterhaltsam macht – einer textbunten Mischung aus Lyrik, Klamauk und Poesie.

Das Foto zeigt die Eröffnungsveranstaltung der Literaturtage 2013 mit den Slam-Poeten Stefan Unser (stehend) und sitzend von links nach rechts Daniel Wagner, Tobias Gralke, Maurice Meijer und Aaron Schmidt.

Eröffnungsveranstaltung der Literaturtage 2013 mit den Slam-Poeten Stefan Unser (stehend) sowie Daniel Wagner, Tobias Gralke, Maurice Meijer und Aaron Schmidt (sitzend von links nach rechts)

Was auf diese Weise im Frühjahr 2013 begann, ist inzwischen fester Bestandteil der Karlsruher Kulturszene. An bis zu fünf Terminen im Jahr begrüßt der Gründer der Lesebühne „An WOrt und Stelle“ Stefan Unser (IT-Mitarbeiter der Badischen Landesbibliothek und ehrenamtlicher Organisator der Slam-Veranstaltungen des KOHI Kulturraum e.V.) Poetry-Künstlerinnen und Künstler sowie Gäste im Vortagssaal der Badischen Landesbibliothek. Seit 2018 tut er das gemeinsam mit dem Karlsruher Slam-Poeten Moritz Konrad.

Das Foto zeigt Stefan Unser (links) und Moritz Konrad (rechts) bei der Ablaufplanung der Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022.

Anspannung bei Stefan Unser (links) und Moritz Konrad (rechts), bevor es losgeht: Ablaufplanung bei der Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022

Die Liste der Poetinnen und Poeten, die in den vergangenen zehn Jahren in der Badischen Landesbibliothek auf der Bühne standen, ist lang und so bunt wie die Slam-Szene: Das „Lumpenpack“ – ein Musik-Duo bestehend aus den beiden Poetry Slam-Landesmeistern aus Bayern und Rheinland-Pfalz Max Kennel und Jonas Meyer –, der Spoken Word-Künstler, Autor und Beatboxer Dalibor Markovic, Gäste aus der Schweiz wie Renato Kaiser, Valerio Moser, Kilian Ziegler und 2014 die damals 19-jährige Hazel Brugger, Volker Strübing und Micha Ebeling aus Berlin, die als Team LSD („Liebe statt Drogen“) mehrfach den Teamwettbewerb der deutschsprachigen Meisterschaften gewinnen konnten, Artem Zolotarov – Lyriker, Autor und Slam-Poet aus Mainz – und die Rapperin Yasmin Hafedh aus Wien.

Das Foto zeigt das Team LSD – die mehrfachen deutschsprachigen Poetry Slam-Meister Volker Strübing (links) und Micha Ebeling (rechts) – in Aktion.

Team LSD – die mehrfachen deutschsprachigen Poetry Slam-Meister Volker Strübing (links) und Micha Ebeling (rechts) – in Aktion.

Es gab Gastspiele der „get shorties“ (der ältesten Lesebühne Baden-Württembergs), der „Schwabinger Schaumschläger“ vom Vereinsheim in München, von Harry & Jakob (Harry Kienzler und Jakob Nacken) aus Tübingen und von „k.u.k.“ (Frank Klötgen und Wehwalt Koslovsky), einem der literarisch ausdrucksvollsten Slam-Teams der deutschsprachigen Szene, um nur einige der über hundert Künstlerinnen und Künstler zu nennen, die bisher bei der Lesebühne zu Gast waren.

Das Foto zeigt lebendige Bühnenpoesie oder Geschichtenerzählen mit Ganzkörpereinsatz von Jakob Nacken (links) und Harry Kienzler (rechts).

Lebendige Bühnenpoesie oder Geschichtenerzählen mit Ganzkörpereinsatz – Jakob Nacken (links) und Harry Kienzler (rechts).

Eine Sonderveranstaltung gab es im Mai 2022. Auf Vorschlag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Badischen Landesbibliothek und mit Unterstützung der Direktion wurde aus der Lesebühne #40 eine Benefizveranstaltung zugunsten der Ukraine-Hilfe in Karlsruhe. Mit dabei war ein besonderer Gast: Artem Zolotarov, der in Donezk geboren wurde und in seiner neuen Heimat 2015 die Poetry Slam-Landesmeisterschaft Rheinland-Pfalz gewinnen konnte.
 

Das Foto zeigt Artem Zolotarov bei der Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022.

Artem Zolotarov bei der Benefizveranstaltung für die Ukraine im Mai 2022

Die Lesebühne hat über die Jahre hinweg ein treues Stammpublikum gefunden. Es gab viele wundervolle und denkwürdige Veranstaltungen, bei denen selbst ein Ausfall von Mikrofontechnik und Teilen der Beleuchtung zum gemeinsamen poetischen Erlebnis in besonderer Atmosphäre wurde. Ein fixer Lesebühnen-Termin ist der bei den Karlsruher Literaturtagen im Oktober. Und auch zur KAMUNA wird die Lesebühne einmal im Jahr zur heißesten Slam-Bühne der Stadt, was nicht nur an den Temperaturen Anfang August liegt...

Zur Jubiläumsveranstaltung am Dienstag, dem 25. April 2023, um 19 Uhr präsentieren Stefan Unser und der Liedermacher Nicolai Köppel „Poetry Slam Kabarett“. Wir freuen uns über Ihr Interesse und auf Ihr zahlreiches Kommen!

Lesebühne
2013

Badische Landesbibliothek

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